

18. Oktober 2019 |
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Die Art und Weise des Umgangs mit Konflikten hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. Die Möglichkeiten einer selbstbestimmten Konfliktlösung finden jetzt immer mehr Zuspruch. Der 4. Bayerische Mediationstag versuchte am 16.10.2019, diese Entwicklung unter dem Leitthema »Wandel der Konfliktkultur in Gesellschaft, Wirtschaft und Justiz« transparent machen. Die Veranstalter und Kooperationspartner des 4. Bayerischen Mediationstages - das Bayerische Staatsministerium der Justiz, die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, die Rechtsanwaltskammern München, Nürnberg und Bamberg, der Bayerische Anwaltverband und die MediationsZentrale München - boten zahlreiche Impulse dafür an. In unterschiedlichen Vorträgen und Workshops konnte aus anwaltlicher, richterlicher, unternehmerischer und wissenschaftlicher Sicht dargestellt werden, wie die Praxis sich auf den Wandel der Konfliktkultur in Gesellschaft, Wirtschaft und Justiz einstellen und ihn mitgestalten kann. Die Zielsetzung war erfolgreich: Konfliktbetroffene und ihre Berater sollen im konkreten Fall den besten Weg der Konfliktlösung finden. Die Workshops im Einzelnen: Mediation und Partizipation in Planungsprozessen Konzeption von Mediations-und Beteiligungsverfahren in der Planung Leitung: Dr. Dirk Haid und Dr. Gisela Wachinger Die klassische Mediation mit zwei Konfliktparteien folgt klaren Regeln und Phasen. Wie schaut es aber aus bei Multi-Interessenkonflikten mit vielen Beteiligten –sei es bei der Planung der Betriebsübergabe oder Konflikten bei Infrastrukturprojekten in der öffentlichen Planung? Die im Mediationsgesetz festgelegten Kriterien wie die Allparteilichkeit, die Trennung von Prozess-und Inhalts-Verantwortung, die Ergebnisoffenheit und der Lösungsspielraum, sind auch in der Praxis eine gute Richtschnur, um komplexe Mediationen und Partizipationsverfahren zu gestalten. Man glaubt gar nicht, wie viele Konfliktlösungsprozesse an der Missachtung dieser Kriterien scheitern.
Anhand dieser Fragen und anschaulicher Fallbeispiele aus der Praxis konnten in diesem Workshop Konzeptionen für eigene Mediationsvorhaben oder bekannten Konfliktfälle erarbeitet werden. Die Zielsetzung dabei: Mediationsverfahren sind anhand der Erfolgsfaktoren so zu planen, dass auch komplexe Konflikte in Planungsverfahren mit mehr als zwei Personen durch die (neutrale) Unterstützung der MediationsexpertInnen gelöst werden können.
Konfliktlösung mit Sachverstand Einsatzmöglichkeiten, Chancen und Risiken von Schiedsgutachten Leitung: Prof. Dr. Reinhard Greger, Universität Erlangen-Nürnberg und RA Volker Schlehe, IHK München Nach Impulsreferaten über die Grundlagen und Einsatzmöglichkeiten des Schiedsgutachtens (Prof. Greger) und »Wie finde ich den richtigen Schiedsgutachter?« (RA Schlehe) bearbeiteten die Teilnehmer in Kleingruppen Fälle mit praktischen Fragestellungen rund um den Themenkomplex Schiedsgutachten, präsentierten und diskutierten anschließend gemeinsam ihre Arbeitsergebnisse.
Veränderungen der Konfliktkultur aus Sicht der Justiz und der Anwaltschaft Leitung: Harriet Weber und Anke Beyer Erörtert wurden folgende Punkte: Veränderungen der Konfliktkultur aus Sicht der Justiz:
Veränderungen der Konfliktkultur aus Sicht der Anwaltschaft:
Denkbare Antworten aus Sicht der Justiz:
Denkbare Antworten aus Sicht der Anwaltschaft:
Neuer Wein? - Neue Schläuche! Über eine Konfliktkultur im Wandel & menschliche Konstanten Psychologische Ansätze für einen gelingenden Wandel der Konfliktkultur Leitung: Dr. Klaus Harnack Im Rahmen des Impulsreferats wurden die Chancen und Herausforderungen des gegenwärtigen Paradigmenwechsels im Umgang mit Konflikten aus psychologischer Sicht beleuchtet. Zentrales Augenmerk wurde hierbei der Rolle der Konfliktbegleiter (Richter, Mediatoren, Berater, Anwälte, etc.) geschenkt. Ebenso konnten strukturelle Anforderungen besprochen werden, die aus naturwissenschaftlicher Sicht einem erfolgreichen Wandel der Konfliktkultur dienlich sind. Ziel des Workshops war es, das Thema »Konfliktkultur im Wandel & menschliche Konstanten « zu vertiefen und psychologische Voraussetzungen und Methoden kennenzulernen, die für einen erfolgreichen Wandel der Konfliktkultur notwendig sind. Wichtige Fragen hierbei waren: Was brauchen Menschen in Konfliktsituationen, welche Rollen und Bedürfnisse ergeben sich und wie können praxisnahe Handlungsstränge für Konfliktbegleiter aussehen?
Multiperspektivität –Der Mensch im Mittelpunkt Technik »Multiperspektivität« als Lösungsansatz für komplexe Fragestellungen Leitung: Nicola Knoch & Stefanie Rall Bei einer Herausforderung springen MediatorInnen und BeraterInnen direkt zur Lösung, ohne den Startpunkt gut genug zu kennen. Der Preis dafür ist, dass selten wirkliches Neues entstehen darf. Anhand der »U-Theorie« von Prof. Dr. Klaus Otto Scharmer wurde der theoretischer Hintergrund und ein praktischer Einblick präsentiert, vom Standpunkt der Multiperspektivität aus zu handeln. Multiperspektivität ermöglicht einen tiefgreifenden Wandel und Innovation durch die Einbeziehung unterschiedlicher Blickwinkel, einer klaren Haltung und der Qualität von Aufmerksamkeit. Dadurch erschließt sich eine tiefere Verbindung zum Agierenden Berater, seinen Kunden und zum Kontext. Die Zielsetzung dieses Workshops lautete: Verstehen durch Erfahren. Sind MediatorInnen bereit sich darauf einzulassen die Welt mit »anderen« Augen wahrzunehmen? Was wird für sie und für ihre Kunden durch Multiperspektivität möglich? Wie sehen dann die ersten Schritte aus? Die Teilnehmenden lernten die Multiperspektivität als eine soziale Technik kennen, die neue Herangehensweisen an altbekannte Fragestellungen ermöglicht. Den Referentinnen war es wichtig, es nicht nur ein Abspulen von Tools durchzuführen, sondern die Sensibilisierung für die eigene Qualität der Aufmerksamkeit und Haltung bei der Anwendung von Multiperspektivität zu unterstützen, die trotz unterschiedlicher Blickwinkel zu einer neu gelebten Verbindung führen kann. |