

29. Juni 2020 |
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Aus der Forschung zur positiven Psychologie wissen wir: Krisen können Menschen einen mentalen Wachstumsschub verpassen und sie auf lange Sicht stärker und resilienter machen – auch wenn die momentanen Belastungen hoch sein mögen. Doch in welchen Eigenschaften hat die aktuelle Corona-Krise die Deutschen gestärkt? Nico Rose, Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM) in Dortmund, in einer Blitzumfrage untersucht, für die er 1217 Teilnehmer in Netzwerken wie Twitter, Xing und LinkedIn rekrutierte. Dabei stellte sich heraus, dass etwa 70 Prozent der Befragten bei sich mindestens ein paar Anzeichen von Wachstum beobachteten. »Das ist eine der großartigen Seiten der menschlichen Existenz«, resümiert Nico Rose. »Wir können in und an Krisen wachsen. Unter den richtigen Umständen bringen sie das Beste in uns hervor – und auch das Beste zwischen den Menschen und in der Gesellschaft an sich.“ »Wir wissen schon länger, dass Dankbarkeit ein wichtiger Schlüssel zur Überwindung von Krisen ist«, erläutert Nico Rose. »Manche Menschen schaffen es, immer wieder ganz bewusst den Blick auf das zu richten, was ‚trotzdem gut‘ ist: die stärkenden Beziehungen im Leben, die Unterstützung, die man erhält, die kleinen und großen Herausforderungen, die man –trotz allem –kontinuierlich meistert.« Ein solcher Blickwinkel lässt sich übrigens kultivieren. Entsprechende Konzepte sind Teil von manchen Spielarten der Psychotherapie, beispielsweise zur Behandlung von Depressionen. Das Erleben von psychischem Wachstum in der Corona-Krise hängt auch mit weiteren Faktoren zusammen, unter anderem einigen demographischen Aspekten: Menschen mit einem tendenziell höheren Einkommen und einer längeren Bildungshistorie berichten im Mittel von etwas mehr Anzeichen des Wachstums. Statistisch betrachtet steht der Einfluss dieser Faktoren jedoch deutlich hinter dem Kultivieren von Dankbarkeit zurück. Der psychologische Hintergrund: Wohlbefinden ist mehr dimensional. Die meisten Menschen stellen sich psychologisches Wohlbefinden als einfaches Kontinuum vor, sprich: Manchmal geht es uns richtig gut, manchmal schlecht, an vielen Tagen normal gut. Die Daten der vorliegenden Studie und auch früherer Arbeiten deuten allerdings darauf hin, dass das tatsächliche Erleben vielschichtiger ist. »Man kann sich die Anwesenheit von psychischem Unwohlsein und psychischem Wohlbefinden besser als verwandte, aber unabhängige Dimensionen vorstellen –wie in einem Koordinatensystem. Menschen können folglich psychologische Einschränkungen erfahren (Stress, negative Gefühle etc.) und gleichzeitig positive Entwicklungen verspüren (mehr Dankbarkeit, ein Mehr an Klarheit usw.)«, so der Psychologe. »Diesem Wachstum in und nach Krisenzeiten wird außerhalb der Forschung meist zu wenig Beachtung geschenkt.« (Hinweise zur Interpretation der Studie: Die Ergebnisse der Studie sollten mit Vorsicht interpretiert großen Stichprobe nur einen Ausschnitt der Bevölkerung erreicht. Sie ist somit nicht repräsentativ, sondern bildet den tendenziell gut ausgebildeten und monetär stabilen Teil der deutschen Bevölkerung ab. »Menschenmit unterdurchschnittlichen finanziellen Mitteln hatten unter Umständen nicht im gleichen Maß die technischen Möglichkeiten oder die Energie, die Fragen zu beantworten. Ob jene Personen auch positive Entwicklungen erfahren haben, konnte hier kaum erfasst werden«, betont Prof. Rose.) (Quelle: Presseinformation der International School of Management ISM) |