

02. November 2012 |
1. EinleitungSie haben sich entschieden, Mediatorin oder Mediator zu werden – wie aber wird man das? So unterschiedlich wie die Motivationen der angehenden Mediatoren, so unterschiedlich sind auch die immer zahlreicheren Ausbildungsangebote: in ihrem Mediationsverständnis, ihrem Aufbau und ihrer Methodik sowie nicht zuletzt bei den Investitionen, die erforderlich sind. Vor dem Hintergrund, dass viele Mediatoren ihre erste Ausbildung retrospektiv als prägend für ihre mediative Tätigkeit wahrnehmen, kann es sich lohnen, wenn Sie vor Ihrer Entscheidung für ein bestimmtes Ausbildungsinstitut sorgfältig abwägen: Was genau wollen Sie lernen? Bei wem wollen Sie lernen? Und wie soll das Lernen vor sich gehen? Zunächst: »Mediator« ist keine geschützte Berufsbezeichnung; auch das Mediationsgesetz macht kaum Vorgaben dazu, wer sich Mediator nennen darf, vgl. § 5 MediationsG. Eine bestimmte Ausbildung ist nicht erforderlich. Vorgesehen ist eine geschützte Bezeichnung »zertifizierter Mediator«, für die aber die Rechtsverordnung noch aussteht, vgl. § 5 Abs. 2 und 3 i. V. m. § 6 MediationsG. Ob Zertifikate unnötiger Formalismus oder Qualitätsmerkmal auf dem Mediationsmarkt sind, ist auch in der Mediationsszene umstritten. Derzeit vergeben eine Reihe von privaten Organisationen Zertifikate. So darf sich z.B. »Mediator BM« nennen, wer durch den Bundesverband Mediation e.V., die größte deutsche Vereinigung von Mediatoren, zertifiziert wird. Dafür muss man eine Ausbildung mit bestimmten Kriterien absolviert haben und weitere Anforderungen erfüllen (siehe Zertifizierungsübersicht). Manche Ausbildungsinstitute vergeben an ihre Absolventen ihre eigenen Zertifikate oder die eines eng an das Institut angebundenen Vereins, andere verzichten ganz darauf. Wahrscheinlich wird für die im Gesetz geregelte Zertifizierung eine 120-stündige Mediationsausbildung erforderlich sein (siehe BT-Drucks. 17/8058, 18); anerkannte Zertifikate der meisten Mediationsverbände sehen u.a. eine 200-stündige Mediationsausbildung vor. Einige Ausbildungsinstitute bieten diese 200 Stunden als Jahreskurs mit fester Lerngruppe an, andere in einem modularen Aufbau von Grund- und Vertiefungskursen, aus denen die Teilnehmer flexibel auswählen können. Die Dauer der Ausbildung über ein Jahr oder länger wird vielfach als notwendig angesehen, damit die Teilnehmer die erforderlichen Fähigkeiten üben und sich persönlich weiter entwickeln können; es gibt am Markt aber auch kleinere und schnellere Ausbildungen. Einzelne Anbieter fordern ein Mindestalter oder einen bestimmten beruflichen Hintergrund (siehe Zertifizierungsübersicht), meist aber ist der Zugang für alle Interessierten offen. An zwei Universitäten (Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) sowie FernUniversität Hagen) kann in einem etwas längeren Fernstudiengang ein Master erworben werden, für den über die teils enthaltene praktische Ausbildung hinaus auch die wissenschaftlichen Hintergründe von Mediation bearbeitet werden sollen. Voraussetzung dafür ist ein beliebiges anderes Studium. Die Teilnahmegebühr für eine 200-stündige Ausbildung beträgt nach unserer Übersicht derzeit zwischen 2.250 und über 10.000 Euro; hinzu kommen die Kosten für Materialien und ggf. Fahrten und Übernachtungen. Ein Wechsel zwischen verschiedenen Anbietern ist in der Regel schwierig, weil Stil und Struktur der Ausbildungen nicht normiert sind – noch ein Grund, den Anbieter sorgfältig zu wählen. 2. Was wollen Sie lernen?Manche Ausbilder bieten ausdrücklich eine Ausbildung mit bestimmtem Schwerpunkt an, z.B. im Familien- oder im Wirtschaftsbereich oder, seltener, für Mediationen im öffentlichen Raum. So können die Auszubildenden Routine mit typischen Problemen dieser Bereiche erwerben. Da andererseits bestimmte Strukturen und Dynamiken von Konflikten überall ähnlich sind, sehen einige Ausbilder es als unproblematisch an, eine größere Vielfalt von Anwendungsgebieten abzudecken. Modulare Angebote enthalten oft eine breite Grundausbildung und dann Spezialisierungsmöglichkeiten. Vereinzelt gibt es auch Ausbildungsangebote zur Mediation im internationalen Bereich, z.B. im Rahmen von Friedensmissionen, und manche Ausbildungen geben im Rahmen eines Vertiefungsmoduls einen Einblick in dieses Thema. Neben der fachlichen Ausrichtung differieren auch das Menschenbild, die Sicht auf Konflikte und damit das Mediationsverständnis von Anbieter zu Anbieter. Liegt die Betonung eher auf der effizienten Lösung des konkreten Konflikts, also auf interessenorientierter Verhandlungsunterstützung? Oder sollen Menschen im Sinne einer Konflikt-Transformation dabei unterstützt werden, sich ihrer selbst bewusster zu werden und ihre gegenseitige Kommunikation zu verbessern, sodass nachhaltig eine Stärkung der (Arbeits-)Beziehung und eine eigenverantwortliche Konfliktklärung erfolgen kann? Diese Nuancen zu erkennen stellt bisweilen eine nicht ganz so leicht zu meisternde Herausforderung dar. Begriffe wie »Mediation«, »Konflikt-Moderation«, »Konfliktmanagement« etc. sind nicht klar definiert – lassen Sie sich davon nicht verwirren, sondern fragen Sie die Anbieter, was sie jeweils genau unter »Mediation« verstehen, was aus ihrer Sicht der »Kern« von Mediation ist. Trifft eine Ausbildung das, was Sie lernen wollen? Alle Ausbilder sollten Auskunft geben können über die Inhalte, die bei ihnen gelernt werden; oft ist es aber nicht so einfach, sie z.B. auf der Website zu erkennen. Fragen Sie also nach, wenn Sie konkrete Inhalte interessieren. Welche wären für Sie besonders wichtig? Eine Orientierung wird die Ausführungsverordnung zum Mediationsgesetz geben können, die aber noch nicht vorliegt. Für die Zertifizierung durch die Verbände werden typischerweise vier dokumentierte und teils supervidierte Mediations-Fälle von Ihnen gefordert. Die Akquise dieser Fälle kann eine Herausforderung sein, bei der Sie von den Ausbildungsinstituten in deutlich unterschiedlichem Ausmaß unterstützt werden, z.B. durch die Möglichkeit, bei Ihrem Ausbilder in einer Mediation zu hospitieren, oder durch Ausbildungseinheiten zum Thema Fall-Akquise. Die Supervision Ihrer Erfahrungen mit Ihren ersten Fällen ist meist in der Ausbildung enthalten und kann in kleinen oder großen Gruppen oder in Einzelsupervision erfolgen. 3. Von wem wollen Sie lernen?Die Bezeichnung als Mediations-Ausbilder oder -Trainer ist ebenfalls nicht geschützt. Einige Anbieter blicken auf eine längere Tradition als Mediationsausbilder zurück, andere sind neu im Ausbildungsgeschäft; ebenso hat mancher viel, mancher wenig eigene Erfahrung mit Mediation. Machen die Anbieter dazu klare, vertrauenswürdige Angaben? Eine gewisse Prüfung der Qualifizierung als Ausbilder übernehmen wiederum Verbände, die einzelne Ausbilder (z.B. im Falle des BM) oder ganze Institute mit ihrem Ausbildungskonzept (z.B. im Falle der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation - BAFM und des Bundesverbandes Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e.V. - BMWA) zertifizieren. Es gibt Ausbildungen, bei denen Sie einen oder zwei verantwortliche, beständig anwesende und ansprechbare Ausbilder vorfinden, die für bestimmte Einzelthemen Gast-Trainer einladen. Ist es Ihnen wichtig, dass diese Gast-Trainer selbst Mediatoren sind? Andere Ausbildungen bieten Ihnen ein breiteres Spektrum an mehr oder weniger gleichberechtigten Ausbildern, deren Mediationsstil sich unterscheiden kann und die sich sehr gut koordinieren müssen, um Ihnen eine konsistente Ausbildung und nicht nur unzusammenhängende Bausteine zu ermöglichen. Fragen Sie nach, wie die Institute diese Koordinierung sicherstellen! Auf jeden Fall sollte ohne Weiteres erkennbar sein, wer überhaupt die Trainer sind. Das Betreuungsverhältnis in den Kursen kann sehr unterschiedlich sein; fragen Sie nach, wie viele Teilnehmer auf einen anwesenden Trainer (ohne Assistenten, Hospitanten etc.) kommen und wie viel Zeit (wenn überhaupt) sich Ihr Ausbilder für Sie alleine nehmen wird. 4. Wie wollen Sie lernen?Mediatoren sind bei der Vermittlung in angespannten Situationen speziellen Anforderungen ausgesetzt. Um ihnen zu begegnen ist es am wichtigsten, dass sie sich ihrer selbst bewusst und gleichzeitig empathisch sind, sich also in die Konfliktparteien hineinfühlen können. Empathie ist eine Fähigkeit aller Menschen, die in der Mediationsausbildung herausgearbeitet und mit den zugehörigen Techniken trainiert wird. Die große Mehrheit der Ausbilder halten daher Selbstreflexion sowie Rollenspiele mit Feedback für die zentralen, wenn nicht sogar unentbehrlichen Methoden der Mediationsausbildung. Falls Sie etwas Sorge wegen der Rollenspiele haben: Sie sind nicht allein! Eine gute Ausbildung wird Sie aber angemessen heranführen und dann diesen Methoden viel Raum geben. Daneben werden in den Ausbildungen oft eine Vielzahl weiterer Methoden der modernen Erwachsenenbildung angewandt, um ein abwechslungsreiches und erfolgreiches Lernen zu ermöglichen. Manche Trainer führen auch selbst Mediationen vor (als Rollenspiel oder per Video), weil sie glauben, dass durch die Präsentation einiges anschaulicher wird. Andere vermeiden das, um den Teilnehmern zu ermöglichen, ihren eigenen Stil freier zu entwickeln. Unterschiedlich viel Gewicht wird auf begleitendes Unterrichtsmaterial gelegt, das von den meisten Anbietern selbst mehr oder weniger professionell erstellt und teilweise für die Bedürfnisse jeder aktuellen Teilnehmergruppe neu konzipiert wird. Bequem ist es, darauf online zugreifen zu können. In den meisten Ausbildungen werden aus den Teilnehmern kleinere »Peergroups« oder »Intervisionsgruppen« etc. gebildet und diese teils intensiv unterstützt, um ein vertiefendes Lernen ohne die Ausbilder zu ermöglichen. Viele Mediatoren haben insbesondere die Arbeit in diesen Gruppen in guter und intensiver Erinnerung. Es lohnt sich daher zu fragen, welche Mit-Auszubildenden Sie in Ihrer Ausbildung vorfinden werden: Menschen, die Ihnen ähnlich sind? Oder Menschen, die Sie auf den ersten Blick als »anders« empfinden? 5. Ihr Weg zum MediatorSo bunt wie die Mediationswelt derzeit ist, so unterschiedlich entwickeln sich auch die Menschen, die in sie hineintauchen. Kaum einer kommt aus der Ausbildung unverändert heraus, und selbst diejenigen, die nach der Ausbildung nicht als Mediator aktiv werden, berichten übereinstimmend von dem großen persönlichen Gewinn, den sie aus dieser Zeit mitnehmen. Wir wünschen Ihnen einen spannenden Weg zum Mediator!
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